Vegetarier haben es gut. Sie ernähren sich gesünder als Fleischfresser und können jeden Tag guten Gewissens einem kleinen Ferkel in die Augen sehen. Das, was buddhistische Mönche vor vielen hundert Jahren gemacht haben und derzeit 7,8 Millionen Deutsche tun, kann ja so schlecht nicht sein.
Eigentlich könnte man die Sache damit ruhen lassen und glücklich sein. Doch der Engländer Donald Watson wollte mehr und erfand den Begriff „vegan“, der übrigens eine Verkürzung des englischen Begriffs „vegetarian“ ist und somit die konsequente Weiterführung des vegetarischen Grundgedankens darstellt.
Kurzum: Veganer sind ab diesem Zeitpunkt die besseren Weltverbesserer.

Die Gunst der Stunde erkannt
Irgendwann in jüngerer Zeit, als das Bedürfnis nach gesünderer Ernährung wieder besonders groß wurde, entdeckte auch die Nahrungsmittelindustrie das große Geschäft. Seitdem kann sich jeder zuckerfrei, laktosefrei, milcheiweißfrei, konservierungsmittelfrei, glutenfrei und völlig geschmacksfrei ernähren. Und natürlich bio! Aber das ist ja sowieso klar. Schließlich will man sich sein veganes Weltretterimage nicht mit Tomaten aus konventioneller und genmanipulierter Landwirtschaft kaputt machen lassen.
Geht da noch mehr?
Aber auch diese Entwicklung war nicht das Maß aller Dinge. Es geht eben immer noch ein bisschen besser. Schließlich kann man sich nicht sicher sein, dass der Maiskolben, den man von seiner Mutterpflanze reißt, nicht doch Gefühle hat und zwischen Joghurtbechern und dem Marmeladenglas vor Schmerz aus dem Einkaufskorb herausschreit.
Frutarier zum Beispiel begnügen sich mit den Früchten und Nüssen, die „tot“ vom Baum fallen. Und die dadurch fehlenden Nährstoffe in der Ernährung werden durch die Liebe und Dankbarkeit der am Leben gelassenen Pflanzen locker ausgeglichen. Die Wissenschaft kann eben nicht alles erklären.

Einer geht noch…
Wer glaubt, dass hier Schluss ist, hat sich getäuscht. Jetzt ist Paleo der gesündeste Schrei. Nein, es reicht noch nicht, dass man präventiv alle Nahrungsmittelunverträglichkeiten meidet, unter denen man eventuell leidet, gleichzeitig alle Lebewesen der Erde vor dem Tod bewahrt und auf die Rechte der Pflanzen pocht.
Manchen kam der Gedanke, dass man in den letzten Jahren vielleicht völlig auf dem Holzweg war und stattdessen wieder leben sollte wie die Steinzeitmenschen.
Wundern Sie sich also nicht, wenn ihnen beim nächsten Einkauf ein ziemlich bärtiger Mann mit Keule über der Schulter und einem erlegten Golden Retriever im Schlepptau begegnet und fragt, wo sich sein Weib mit den gesammelten Beeren befindet. Er achtet eben einfach auf seine Gesundheit.
Anmerkungen am Ende:
- Ich habe wirklich nichts gegen Menschen, die sich gesund ernähren und dabei zum Beispiel auf Fleisch verzichten. Viele haben ja auch wirklich gute Gründe. Ich bin lediglich der Meinung, dass es der ein oder andere übertreibt. Nur für den Fall, dass das im Text nicht so gut herauskam. 🙂
- Auf dem Blog meiner lieben Kollegin und Vegetarierin Julia Weller findet ihr einen Meinungstext, der die andere Seite beleuchtet.
- Ernst gemeinte und sachliche Kommentare zu diesem Thema könnt ihr gerne unten abgeben.
- Dieser Text entstand im Rahmen des Grundlagenseminars an der katholischen Journalistenschule (ifp) in München im Seminar mit Ulrich Lüke vom Bonner General-Anzeiger.
Ein Kommentar zu “Jeden Tag ein bisschen besser”